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Alt 17.03.2011, 23:07   #16 (permalink)
sierra
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Standard Fiat Cinquecento Trofeo 1993

rallye racing Tracktest
Der kleine Fiat Cinquecento ist das ideale Einstiegs-Modell für den Rallye-Nachwuchs
Ein Floh fährt Rallye

Gewagte Drifts mit quietschenden Reifen und infernalisch laute Auspuffgeräusche - das wollen die Fans erleben, wenn sie zur legendären Rallye Monte Carlo reisen. Sie wollen mit allen Sinnen aufsaugen, was ihnen das große Spektakel bietet. Und lange bevor die Boliden in das Sichtfeld der Zuschauer kommen, sind sie innerlich und äußerlich vorbereitet.
Was aber in diesem Jahr unter anderem um die Ecke geschossen kam, konnten viele ganz und gar nicht fassen. Nicht etwa ein Lancia oder ein Toyota mit rund 400 PS war die Ursache für den Angriff auf die Sinne, nein ein Zwerg namens Fiat Cinquecento im Rallye-Trimm, unter Einsatz seiner sagenhaften Kraft von 55 PS um wertvolle Sekunden kämpfend.



Natürlich peilt Fiat mit dem "Fünfhundert" nicht den Gewinn der Rallye-Weltmeisterschaft an. Das Ziel der Italiener ist ein anderes: Nämlich mit der eigens für dieses Fahrzeug geschaffenen "Trofeo Cinquecento" ideale Voraussetzungen für den Einstieg in den Motorsport zu bieten. Nur rund 18.000 Mark kostet der Cinquecento und ist für diesen Preis mit allen für den Rallye-Sport nötigen Details ausgerüstet. Die Folge: In Italien gibt es eine kaum für möglich gehaltene Resonanz auf den Markenpokal. Etwa 250 Anmeldungen liegen der Zentrale schon vor.
Der nur 899 ccm kleine Motor stellt unbearbeitet 40 PS zur Verfügung. Diese Leistung wird mit relativ einfachen Mitteln auf 55 PS angehoben: durch eine geänderte Motorsteuerung, eine optimierte Kraftstoffzufuhr und einen speziellen Auspuffkrümmer.



Im Innenraum wurde alles ausgeräumt, was nicht unbedingt lebensnotwendig ist. Der Arbeitsplatz des Piloten ist zum Rallyefahren gemacht: karges Blech am Fußboden, zwei Schalensitze, Hosenträgergurte, Feuerlöschanlage, ein zusätzlicher Drehzahlmesser, ein Uberrollkäfig sowie Aluminium-Platten im Fußraum, zum Schutz vor zu hohen Auspufftemperaturen am Bodenblech.
Auch außen hat der Floh dem Betrachter einiges zu bieten. So gibt es breite Schmutzfänger, eine ganze Batterie von Zusatzscheinwerfern, Halterungen der Motorhaube außen und - wie es sich für ein Rallye-Auto nun einmal gehört – jede Menge Sponsoren-Aufkleber. Eingepfercht in die engen Schalensitze und festgezurrt mit den Hosenträgergurten stellt sich sofort Rallye-Atmosphäre für den Fahrer ein, zumal auch die Geräuschkulisse im Innenraum für eine Konversation mit dem Beifahrer ohne Sprechanlage viel zu laut ist. Überall rauscht, zischt und dröhnt es in allen Tonlagen.



Bei einem kräftigen Tritt aufs Gaspedal reagiert das kleine Motörchen mit einer kaum für möglich gehaltenen Agilität. Der Drehzahlmesser schnellt hoch, die Slicks auf den Vorderrädern krallen sich in den Asphalt, oder es werden tiefe Furchen in den losen Untergrund gegraben, wenn Schotter-Reifen montiert sind.
Um Asphaltkurven schnell zu durcheilen, bedarf es allerdings einige Überwindung, weil das Gefühl besteht, irgendwann einfach umzukippen. Zumal der Kleine mit seinem kurzen Radstand auf jede Bodenwelle mit kräftigen Bocksprüngen reagiert. Nach mehreren Testrunden stellt der Pilot jedoch verwundert fest, daß der Cinquecento keinesfalls zur Seite kippt – er schiebt leicht über die Vorderräder.
Mit dieser Gewißheit ausgerüstet, lassen sich auch schnelle Zeiten fahren. In den ersten beiden Gängen ist noch deutlich zu spüren ,wie es vorwärts geht, ab dem dritten Gang wird die Beschleunigungs-Luft aber dünn.
Im Schotter verhält sich der Floh viel unruhiger als auf Asphalt, reagiert sofort auf Lastwechsel und dreht sich, wenn man nicht aufpaßt, in Windeseile um die eigene Achse. Seine Abneigung gegen Bodenwellen ist eindeutig. Aber auch Schlaglöcher scheinen nicht seine Welt zu sein. Allerdings nicht, weil er damit nicht fertig würde, sondern weil man dem Rallye-Gnom nicht solch brutales Terrain zumuten mag. Im Kampf um Sekunden braucht der Fahrer aber keine Rücksicht auf ihn zu nehmen. Der Zwerg hält einiges aus.
Die Bremsanlage ist jederzeit Herr der Situation und verzögert das Mobil sicher bis zum Stand - bei weniger als 700 Kilogramm Lebendgewicht sollte dies auch kein Problem sein. Der Fahrer wäre allerdings gut beraten, auch streng auf Diät zu leben. Denn das Auto registriert jedes Gramm Zusatzgewicht.
Mit der Cinquecento-Trofeo geht Fiat den richtigen Weg in der Nachwuchsförderung. Zudem wird, wer sich im harten Kampf um den Gesamtsieg bei diesem Wettbewerb durchsetzt, von Abarth bei der Fortsetzung seiner Rallye-Laufbahn mit erheblichen Geldsummen unterstützt.
Da möchte man wünschen, daß auch bei uns in Deutschland wieder mal ein Nachwuchspokal gestartet wird, um den vielen Talenten eine Möglichkeit zum Einstieg in den Rallye-Sport zu geben, ohne Unsummen ausgeben zu müssen. Jürgen Schramek



Fiat Cinquecento Trofeo N
Motor: Reihen-Vierzylinder
Ventile pro Zylinder:2
Hubraum: 899 ccm
Leistung: ca. 55 PS (41 kW) bei 5000 U/min
Max- Drehmoment: 65 Nm bei 3000 U/min
Max. Drehzahl: 7000 U/min
Leistungsgewicht: 12,6 kg/PS
Kraftübertragung: Fünfgang-Schaltgetriebe
Fahrwerk: Frontantrieb, rundum Einzelradaufhängung, vorn an Federbeinen und Querlenkern, hinten Schraubenfedern; vorne Scheiben-,
hinten Trommelbremsen
Radgröße: 5 x 13
Leergewicht: 700 kg
Tankinhalt: 35 Liter
Preis: rund 18.000 DM


rallye racing, April 1993
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